Informationen zu unseren Tagungsmethoden
Statement |
Kurze Stellungnahme zum Thema. |
Zweck |
Heranführung an ein Thema; erste "Brechung" alter Denkmuster.
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Vorträge |
Vorträge - auch externer - Referenten. |
Zweck |
Unter Zuhilfenahme externer, professioneller Sichtweisen soll eine Hereinnahme fremder Standpunkte die sozialanalytische Bearbeitung des Tagungsthemas vorbereiten.
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Chairman/ |
Unterstützt und begleitet die Referenten; fungiert als Beobachter von Gruppenprozessen. |
Zweck |
Ermöglicht die Standortbestimmung durch Triangulation; deutet den Gruppenprozess.
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Kleingruppen |
Beabeitung der Tagungsthemen auf der individuellen Ebene unter psychoanalytischen Gesichtspunkten. Hinweis: Die Inhalte der Kleingruppen unterliegen selbstverständlich der Schweigepflicht. |
Zweck |
Umsetzung der gesellschaftlichen auf individuelle, persönliche Lebensbereiche.
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Großgruppe |
Versammelt alle Tagungsteilnehmer unter der Leitung mehrerer Gruppenleiter. |
Zweck |
Die Großgruppe verlangt die Neuorientierung in einer nicht vertrauten Situation. Sie spiegelt so die gesellschaftlichen Prozesse wider, in denen sich das Individuum zurechtfinden muss. Sie dient der Umsetzung des in der Kleingruppe Erarbeiteten auf eine gesellschaftliche Ebene. Hier bilden sich die für das Tagungsthema wichtigen Phantasien. Die Teilnehmer erfahren, wie das Tagungsthema ohne Angst unter neuen Gesichtspunkten betrachtet werden kann.
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Plenum |
Versammelt alle Tagungsteilnehmer und die Tagungsleitung. |
Zweck |
Mitteilungen über die Kleingruppenarbeit; erste Ergebnisse; Prüfung von Realität und Phantasie.
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Thesen zur Gruppe
Schon allein die Angst, die Erregung, die Hoffnung, die Enttäuschung und die befriedigende Gemeinschaftsleistung, die von einer Gruppe ausgelöst und in einer Gruppe belebt werden kann, verweist auf die sehr frühe Gefühlsebene, die in einer Gruppe aktualisiert wird.
Hat sich die Wahrnehmung des Therapeuten erst einmal auf Zeugung, intrauterinem Leben und Geburt als Bilder des Anfangs eingestellt, so ist das Ziel, die Gruppe zum Zeugen dieser frühen Zeit zu machen, in der jeder Einzelne seinen Anfang neu bedenkt.
Dieser Forderung gegenüber entwickelt sich der Widerstand der Gruppe nach dem Muster, in dem die Mutter den Vater ihrem Kind vermittelt hat, anders ausgedrückt, der Widerstand hat immer das Profil der Mutter.
- Wir werden alle in eine Gruppe hineingeboren. Die ungestörte Zweier-Beziehung ist eine spätere Errungenschaft. An der Wiege des Kindes stehen die mütterlichen und väterlichen Familiengruppen und fördern oder behindern die Entwicklung des Kindes. Diese frühen Erlebnisse werden in uns durch eine Gruppe sofort aktualisiert. Die Gefühlslage, mit der sich die Welt dem Kind zuwandte, kehrt in jeder Begegnung mit einer Gruppe wieder.
- Von Anbeginn des Lebens an haben wir die Wahl, uns auf unsere Umwelt einzulassen, oder uns zurückzuziehen in die uns prägende Eigenheit: So haben wir auch einer Gruppe gegenüber die Möglichkeit, deren Bewegung mitzumachen oder uns zu vereinzeln. Das Muster dieser Fähigkeit liegt in der Situation des Kindes im Bauch der Mutter: Ganz es selbst nimmt es doch unmittelbar teil an seiner Umwelt.
- Die Gruppe repräsentiert die Mutter, sei es die Mutter, die fähig ist zur Anteilnahme am Geschehen im Kind, oder sei es die Mutter, die der Bedrängnis des Kindes gegenüber Kälte empfindet. Das Ziel der Gruppentherapie ist, die Empfindungen von Angst und Kälte in eine sinnliche Erfahrung zu verwandeln.
- In und durch die Gruppe sucht der Einzelne die Situationen seines Anfangs auf, die ihn in seiner Entwicklung behindert haben: Wahrnehmbar werden diese Situationen durch erlebte Verletzungen: In der Tatsache, daß sich ein Einzelner durch eine Gruppe verletzen läßt, zeigt er, daß er willens ist, einen Entwicklungsstillstand zu beenden.
- Knotenpunkte der Entwicklung scheinen zu sein:
- die Zeugung, mit der Gefahr des Nicht-Zueinanderpassens. Diese Gefahr wird in mannigfaltiger Weise der Gruppe gegenüber erlebt, sie bleibt sogar immer offen und ist letztlich der Motor der Gruppenentwicklung, die dahin geht, sich füreinander passender zu machen. Gegen den Grundmangel des Nicht-Zueinanderpassens setzt die Gruppe die Fähigkeit des Sich-Passend-Machen.
- das Einnisten der befruchteten Eizelle im Uterus: An dieses Erfahrungsmuster knüpfen sich alle Zweifel, die der Einzelne hegt, die für ihn richtige Umwelt gefunden zu haben. Und es knüpfen sich daran die Zweifel der Mutter, ob sie sich ergreifen lassen soll von einem ihr fremden Wesen. Das Einnisten zeigt sich im Dazugehören-Wollen. Das Dazugehören-Wollen setzt eine Entwicklungskrise in Gang. Die Suche nach der einem adäquaten Gruppe scheint eine lebenslange Aufgabe zu sein. Die Zeit von der Befruchtung bis zur Einnistung scheint eine Zeit des Glücks zu sein, in der «Freiheit in der Geborgenheit» erlebt wird.
- der intrauterin erlebte Coitus der Eltern: Zusammen mit dem Einnisten scheinen hier die Urmuster der Angst zu entstehen. Das Kind im Bauch der Mutter erlebt Enge und Bedrängnis, die dann mit dem Außen verbunden bleiben, wenn die Mutter nicht zu einer orgiastischen Erfahrung bereit ist. Die gruppische Erfahrung sucht dieses Muster: Aus Enge und Bedrängnis soll eine überfließende Gemeinschaftsleistung entstehen.
- die Einstellung, die die Mutter dem Vater gegenüber hat: Wirksam im Grundmangel, aber auch in der Bearbeitung des Widerstandes, insbesondere bedeutsam für die Entwicklung des Über-Ich, welches im Wesentlichen aus dem vereinigten Elternimago besteht.
- die Geburt als Modell einer Gemeinschaftsleistung in Schweiß, Blut und Tränen mit all ihren Störungen.
Wenn man das ödipale Gesetz so versteht, daß das Unvereinbare nicht getrennt werden soll, dann liegt darin die große Chance einer Gruppe: Dass jeder seine Eigenheit behalten und sich darüber hinaus als Teil einer Gruppe fühlen kann.
Dipl.-Psych. Dr.phil. Rolf-Arno Wirtz